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Alarmierender Fachkräftemangel: Diese Bereiche sind betroffen

Öffentlicher Dienst
23. Februar 2023

Bis zum Jahr 2030 werden im Öffentlichen Dienst beim Bund, beim Land und in den Kommunen rund 840.000 Fachkräfte fehlen, wie eine aktuelle Studie zeigt. Welche Bereiche besonders betroffen sein werden und was jetzt passieren muss.

Die Prognosen könnten kaum düsterer sein: Gleich welche der neuen Studien man zu Rate ziehen will, die Lage ist und bleibt übel. 840.000 Vollzeitkräfte werden Berechnungen der Unternehmensberatung McKinsey zufolge bis zum Jahr 2030 fehlen. Zu ähnlichem Ergebnis kam auch die Beratungsfirma PricewaterhouseCoopers. Laut ihr wird es womöglich eine Million Stellen sein, die aufgrund fehlenden Personals beim Bund, beim Land und in den Kommunen bis zum Jahr 2030 unbesetzt bleiben müssen.

Schon lange mahnen die Gewerkschaften – doch erst jetzt, wo sich vor zunehmend mehr Behörden lange Warteschlangen bis auf die Straße und noch längere Wartezeiten auf Bearbeitung von Anträgen zeigen, dämmert auch bei Politik und öffentlichen Arbeitgebern, dass es so nicht weitergehen kann.

Das Problem wird immer sichtbarer

Es herrscht Alarmstufe Rot. Betroffen sind davon nicht nur die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst, die bereits seit Jahren permanent Mehrarbeit leisten. Das Problem kommt inzwischen auch bei der Bevölkerung an. „Die Daseinsvorsorge für die Bevölkerung gerät ins Wanken“, mahnt Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund Jugend NRW (dbb jugend nrw).

Lindern ließe sich das Problem nach Auffassung einiger Verwaltungsspezialisten durch eine konsequente Digitalisierung und eine Neustrukturierung von Arbeitsabläufen. Hier und da könne man so Verfahren verschlanken und Personal entlasten. Durch das Onlinezugangsgesetz soll es beispielsweise möglich werden, den Führerschein-Antrag online zu stellen. Er läge dann direkt digital vor und könnte zeitsparender weiterbearbeitet werden.

Die Stellen bleiben vakant, weil sie nicht attraktiv genug erscheinen.

Susanne AumannVorsitzende dbb jugend nrw

Genau an dieser Stelle lauert allerdings das nächste Problem: Man bräuchte IT-Spezialisten, die das umsetzen und die Digitalisierungsoffensive wie auch die E-Akte voranbringen. Ausgerechnet bei den IT- und Digital-Berufen klafft jedoch die allergrößte Personallücke, wie die aktuelle McKinsey-Studie ebenfalls offenlegt. Bereits heute fehlen auf allen Ebenen vom Bund bis zur Kommune rund 39.000 Fachleute. Bis zum Jahr 2030 soll sich dieses Loch fast verdreifachen: Von 140.000 fehlenden IT-Fachleute ist prognostisch die Rede.

Die Situation ist prekär und sie zeigt: „Die Stellen bleiben vakant, weil sie nicht attraktiv genug erscheinen. Mitunter sind sie im Vergleich zur freien Wirtschaft auch zu schlecht bezahlt“, sagt Aumann. „Wenn der Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst in Deutschland nicht entschieden angegangen wird, wird Deutschlands Wettbewerbsfähigkeit weiter abnehmen“, sagt Julian Kirchherr, Co-Autor der Studie.

Tipps zur Neugewinnung von IT-Leuten

Um die Lücke an digitalen Fachkräften zu verkleinern müssten Neueinstellungen erfolgen. Die spezialisierten Studiengänge mit IT-Schwerpunkt bringen jedoch jährlich nur rund 26.000 Absolventinnen und Absolventen hervor, wie die Studienautoren festhalten. Sie entscheiden sich in der Regel nicht für den Staat als Arbeitgeber. Derzeit arbeiten gerade einmal drei Prozent von ihnen im öffentlichen Sektor. Bliebe es bei diesem Niveau, würden jährlich lediglich 800 Personen in den Öffentlichen Dienst wechseln. „Das ist bereits jetzt – ausgehend von 39.000 fehlenden Fachkräften – ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Aumann.

Doch den Öffentlichen Dienst plagt wie überall, wo Fachkräfte rar sind, noch ein ganz anderes Problem: Mit jedem, der geht, verliert man digitale Kompetenz. Neueinstellungen drängen also auch hinsichtlich des Faktors Wissensmanagement.

Einstellungsverfahren verändern

Öffentlichen Behörden fehle es an strategischer Personalplanung, halten die Studienautoren fest. Einstellungsverfahren müssten beschleunigt werden. Zeitgleich müsse man Weiterbildungsangebote für Führungskräfte und Mitarbeiter stärker auf den Erwerb digitaler Kompetenzen fokussieren. Einige Behörden hätten beispielsweise ergänzend zu den klassischen Karrierepfaden spezielle Fachkarrieren ermöglicht. Andere Verwaltungseinheiten arbeiten mit ressortübergreifenden Innovations- oder Flexi-Teams, um über Kompetenzbündelung IT-Talente anzuziehen.

„In die richtige Richtung ist beispielsweise auch die Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung gegangen, indem dort der neue Studiengang Verwaltungsinformatik eingerichtet wurde“, sagt Aumann. Von solchen Best-Practice-Modellen könnten laut Einschätzung der Studienautoren auch andere Behörden profitieren.

„Innovative Angebote nutzen, Behörden untereinander verzahnen, Best-Practice-Beispiele austauschen und daran lernen sind Möglichkeiten, die stärker genutzt werden sollten“, ist auch Aumann der Meinung. Diese Strategie bewähre sich derzeit auch in Hinblick auf Sicherheitsmaßnahmen, die öffentlich Bedienstete besser vor Übergriffen von außen schützen können. Darüber hinaus müsse der Öffentliche Dienst aus der Muffelecke raus und stark in die Attraktivitätssteigerung investiert werden, betont die Landeschefin der dbb jugend nrw. „Wenn wir nicht ganz schnell aus veralteten Strukturen herausfinden und sie ablegen, war’s das mit dem Nachwuchs.“

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