
Umfrage schockt, aber keinen interessiert es
Mehr als zwei Drittel der Jugendlichen sehen die Zukunft Deutschlands und der Welt düster, so das Ergebnis einer aktuellen Unicef-Studie. Das ist erschreckend. Viel erschreckender jedoch: Niemand nimmt Notiz von dieser gerade veröffentlichten Umfrage.
Das Ergebnis macht Bauchschmerzen, wenngleich es auch in den Trend zuletzt erschienener Jugendstudien passt: Die große Mehrheit der deutschen Jugendlichen schaut pessimistisch auf die Zukunft des Landes. Beinahe 80 Prozent der Befragten zwischen 14 und 17 Jahren meint, dass sich die Politik nicht genug für die junge Generation einsetzt. Der neu gewählten Bundesregierung trauen die jungen Menschen nicht zu, die Probleme und Herausforderungen dieser Zeit lösen zu können.
”Ich finde, dass wir wenig mitsprechen können, obwohl wir die Zukunft von morgen sind.
Defne, 16 JahreMitglied des Unicef-JuniorBeirats
Unicef Deutschland gab diese Befragung in Auftrag, an der sich im März mehr als 500 Jugendliche beteiligten. Nun gab es in der jüngsten Vergangenheit sicherlich größer angelegte Studien. Doch jede dieser Untersuchungen kam zu demselben Ergebnis: Jugendlichen ging es mal besser. Sie sind politisch sehr interessiert, stellen aber fest, dass es sich um ein einseitiges Interesse handelt. Kurzum: Sie fühlen sich von den Politikerinnen und Politikern in diesem Land nicht wahrgenommen.
Schaut man nun auf das Echo, das diese Umfrage in der Öffentlichkeit auslöst, darf man diese Einschätzung erweitern: Die Meinung Jugendlicher hat für die Medien und in der Gesellschaft scheinbar gar keine Relevanz.
dbb jugend nrw verabschiedet Anträge zur Verbesserung der Lage Jugendlicher
„Das ist eine schockierende Nachricht, die uns unmittelbar vor unserem Landesjugendtag, auf dem es auch um zahlreiche Jugendthemen gehen wird, kalt erwischt“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). Damit steigt aus ihrer Sicht die besondere Verantwortung, die die neu zu wählende Landesjugendleitung der dbb jugend nrw weiterzutragen habe: Sprachrohr für junge Menschen in Schulen, der Ausbildung und im Berufsleben zu bleiben und ihre Meinungen und Sichtweisen in die politische Arbeit zu tragen.
Einen Anknüpfungspunkt gibt die Unicef-Umfrage hinsichtlich der Einschätzung junger Menschen mit Blick auf die Bildung. 87 Prozent der Jugendlichen ist es demnach wichtig, dass mehr Geld für Schulen bereitgestellt wird. Ähnlich hoch (85 Prozent) ist der Wunsch nach mehr Angeboten für die mentale Gesundheit junger Menschen. Die nämlich hat seit der Pandemie messbar abgenommen.
„Dies sind beides auch zentrale Anliegen, über die die jungen Delegierten der dbb jugend nrw beim Landesjugendtag in Bergisch Gladbach abstimmen werden“, sagt Aumann. Neben zahlreichen Anträgen und Entschließungen, die sich mit gewerkschaftlichen Inhalten beschäftigen, geht es nämlich auch um einen Antrag, in dem die Landesjugendleitung das Votum der Verbandsmitglieder für den Einsatz rund um mehr Bildungsgerechtigkeit abholt. Ein weiterer Antrag zielt inhaltlich auf die mentale Gesunderhaltung junger Beschäftigter im Öffentlichen Dienst ab, die durch die Zahl steigender Übergriffe und auch der unter anderem durch Fachkräftemangel herbeigeführten Überlastung des Jobs abzielt.
Jugendliche fordern mehr politische Mitentscheidung
Es sei nötig, den Finger in diese Wunden zu legen, eine Öffentlichkeit dafür zu schaffen und sich für mehr Hör- und Sichtbarkeit junger Menschen und ihrer Interessen einzusetzen – auch über Kooperationspartner und Netzwerke, wie sie die dbb jugend nrw beispielsweise zum Dalton-Gymnasium Alsdorf hat, zur Talentschmiede e.V. und zum nordrhein-westfälischen Landesjugendring. Laut Unicef-Umfrage finden nämlich 77 Prozent der Befragten, dass Kinder und Jugendliche nicht genug Möglichkeiten haben, sich bei politischen Entscheidungen einzubringen, die ihre Zukunft betreffen.
Wenn dies besser gelingen würde, fänden sich vielleicht Lösungen, die Jugendliche in eine bessere Ausgangslage versetzen. Denn, so stellt auch Unicef Deutschland in seinem Bericht fest: Jugendliche werden am längsten mit den Folgen der heutigen Politik leben müssen.
Dieser Ansicht ist auch Defne, 16 Jahre und Mitglied des Unicef-Junior-Beirats. „Eigentlich bin ich sehr zufrieden. Ich habe nur das Gefühl, dass sehr viel über uns Jugendliche hinwegentschieden wird, ohne dass wir wirklich mitsprechen können, obwohl wir ja die Zukunft von morgen sind.“
Das nun gibt Hoffnung, was die Einschätzung junger Menschen auf ihre persönliche Zukunft angeht. Die Mehrheit baut darauf, dass es schon irgendwie für sie selbst gut ausgehen wird und schätzen mehrheitlich ihre persönliche Zukunft positiv ein. „Wir und sicherlich auch unsere neue Landesjugendleitung arbeiten daran, dass diese Einschätzung zutreffen wird“, betont Aumann abschließend.