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Wie kommen eigentlich junge Menschen mit der Corona-Krise klar?

Jugendpolitik
2. Juli 2020

Ausgebremst, beschnitten und isoliert: Mit dem Corona-Virus kam eine Krise ungeahnten Ausmaßes. Ganz gleich, wie die langfristigen Folgen konkret aussehen werden: Vor allem die junge Generation wird damit leben müssen. Wie packt die Generation Z die Krise weg? Wir haben Jugendforscher Klaus Hurrelmann nach einer Prognose gefragt.

Hannah ist 18 Jahre alt. Das Abi hat sie gerade in der Tasche. Eigentlich wollte sie danach mit Freunden erst mal nach Lloret de Mar, danach ein bisschen jobben und dann – wenn sie eine Zusage bekommt – ihr duales Studium beginnen. Doch dann kam es anders.

Die Corona-Pandemie hat ein weltweites Beben ausgelöst: gesundheitlich, gesellschaftlich und wirtschaftlich. Für viele junge Menschen, die unmittelbar vor dem Start in eine Ausbildung oder ein Studium standen, heißt das nun erstmal: Alles liegt auf Eis.

Ungewisse Zeiten – was macht das mit jungen Menschen?

Selbst für die, die bereits in Ausbildung oder Studium sind, sieht die Zukunft ungewiss aus. Werden die Unternehmen, in denen sie ausgebildet werden, die Krise überstehen? Werden sie nach ihrer Ausbildung übernommen? Werden sie das geplante Auslandssemester antreten können? Für viele ist die grenzenlose Freiheit zusammengeschmolzen – manchmal auf Stadt- oder Kreisgrenzen. Wie erleben junge Menschen diese Zeit?

„Sie bringen sich mit ihren Fähigkeiten in diese Zeit ein“, sagt Jugendforscher und Mitverfasser der Shell-Jugendstudie Klaus Hurrelmann. Die Generation Z – auch Generation Greta genannt – sei empathisch und sozial eingestellt. „Bei den unter 20-Jährigen zeigt sich ein Drittel politisch interessiert“, sagt der Forscher. Für sie gehöre es dazu, sich mit um gesellschaftliche Belange zu kümmern. Das Engagement, für andere einzutreten, sei da. Ein unschätzbarer Wert in Krisenzeiten.

Hunger nach sozialen Kontakten

Allerdings fehlen vielen derzeit ihre direkten sozialen Kontakte. So gaben 41 Prozent der Jugendlichen bei einer Studie mit rund 25.000 Teilnehmer/innen aus 30 Ländern an, dass zu den größten Herausforderungen der Krise der Verzicht auf ihre Sozialkontakte zähle. Darum, so gaben die Befragten an, nutzen die meisten die Zeit, um sich auf sich selbst zu fokussieren.

Netzwerken und Kommunizieren über digitale Kanäle wie Chat- und Messenger-Apps ist für Digital Natives kein Problem. Dennoch haben sie laut einer Snapchat-Umfrage mit den Auswirkungen geschlossener Schulen und Universitäten zu kämpfen. 39 Prozent der Betroffenen sind besorgt um ihre Bildung.

Doch Jugendforscher Klaus Hurrelmann gibt sich optimistisch. Aus vorangegangenen Studien wisse man, dass 80 Prozent der jungen Menschen der Generation Z über eine gute Ausbildung verfügen. Um sie machen sich die Experten wenig Sorgen, denn sie sind nicht nur gut gebildet, sondern auch mit Krisen vertraut: „Sowohl die Generation Greta als auch die davor geborene Generation Y sind in Krisenzeiten groß geworden“, sagt Hurrelmann. Er denkt dabei an die Weltwirtschaftskrise, die Terroranschläge zwischen 2008 und 2018, die Nuklearkatastrophe von Fukushima sowie die Klimakrise, die jüngst zu den Friday-for-Future-Demonstrationen führte. Darum ist seine Prognose: „Die Pandemie wird diese Generationen gar nicht aus der Fassung bringen. Sie werden positiv mit der Krise umgehen und viel improvisieren.“

Benachteiligte Kinder und Jugendliche gefährdet

Große Sorgen aber machen sich die Forscher um die Gruppe der Jugendlichen, die mit schlechten Voraussetzungen oder wenig Unterstützung aus den Elternhäusern unterwegs sind. Sie machen einen Anteil von rund 20 Prozent aller Jugendlichen aus und seien in der ersten Welle der Corona-Krise vollends vom pädagogischen Radar verschwunden.

Für sie seien Hilfe und Unterstützung, schulische Übergangssysteme und Berufsvorbereitungsprogramme besonders wichtig, „denn wir steuern auf eine hohe Jugendarbeitslosigkeit zu“, sagt Hurrelmann. Für alle sei viel davon abhängig, wie sich die Pandemie bis zum Herbst hin weiterentwickle. Im Moment gehe man lediglich von einer Verzögerung von Ausbildungsstarts aus. Die Hochschulen werden vermutlich größtenteils online oder per Fernstudium ins neue Semester starten. Dauert die Corona-Krise jedoch fort, werde es wirklich „ungemütlich“, sagt Hurrelmann.

Das wird bleiben

Ein Erbe aus der Pandemiezeit werde aber in jedem Fall eine neue Mischung aus Präsenz und Homeoffice sein, in der Bildung wie auch bei der Arbeit, so die Einschätzung des Jugendforschers. Um das vorzubereiten und zu planen, rät er, das Knowhow der Generation Z in Task-Forces zu nutzen. „Es ist eine Chance der Corona-Krise. Wir können diese jetzt nutzen, um politisch interessierte Digital Natives mit in kreative Teams zu holen und gemeinsam neue Konzepte für die Zukunft zu entwickeln“, sagt Hurrelmann. Unternehmen, die das verstehen, seien für die Zukunft gut aufgestellt und hätten die junge Generation mit an Bord.

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