Skip to main content

Angriffe auf Kommunalpolitiker um 200 Prozent gestiegen

Gewalt gegen Beschäftigte
24. Juni 2022

Trotz Pandemie und Kontaktbeschränkungen – die Gewalt gegen Amtsträger geht weiter. Ob übelste Beleidigung oder körperliche Gewalt – verschiedene Bundesländer melden erneut steigende Zahlen in Bezug auf Kommunalpolitiker.

Eine lange, viereckige Metallstange ragt aus der Windschutzscheibe des Autos von Dijana Avdic. Nun ermittelt der Staatsschutz. Denn Avdic ist Kommunalpolitikerin in Frankfurt und als solche tätig in der kommunalen Aus­län­der­ver­tre­tung (KAV). Ein politischer Hintergrund liegt nahe, berichten die ortsansässigen Medien. Es soll möglicherweise ein Einschüchterungsversuch dahinterstecken. Nicht der erste. Zuletzt demolierten Unbekannte das Auto am 8. März, dem Internationalen Frauentag. Auch zwei weitere Mitglieder der KAV wurden in den zwei Monaten zuvor bedroht.

Diese Beispiele stammen aus Hessen. Doch sind sie nicht bezeichnend für dieses Bundesland. Auch aus anderen Bundesländern – wie beispielsweise Bayern und Brandenburg – wird über die Innenministerien die Zahl solcher Übergriffe erfasst. Auch dort steigen sie.

Brandenburg, Bayern, NRW – so ist die Lage

Mehr als jeder dritte Kommunalpolitiker ist demnach in Brandenburg in den vergangenen Jahren Opfer von Angriffen geworden. Am häufigsten betroffen: Kreis­tags­mit­glieder, Oberbürgermeister, Bürgermeister und Amts­direktoren, heißt es in der Umfrage, an der sich rund 1500 Politiker beteiligten. Rechnerisch vergeht beinahe kein Tag, an dem es nicht zu Übergriffen im Land kommt. Die Landesregierung in Brandenburg kündigte darum Konsequenzen an.

Auch in Bayern nimmt man die Zunahme der Übergriffe auf Kommunalpolitiker erschrocken zur Kenntnis, wie eine An­frage der Landtags-Grünen zeigt, die sich auf Antworten aus dem Innenministerium bezieht. Konkret: 267 Straftaten zählte das dortige Innenministerium. Damit verdoppelte sich die Zahl. In 179 Fällen konnte man die Täter ermitteln. Unter den Delikten: beleidigende Mails, körperliche Gewalt, Nötigung, Bedrohung, Erpressungsversuche, Hass­kom­men­tare in den sozialen Netzwerken und vieles mehr. Alleine 105 Straftaten fanden digital statt, also per E-Mail und im Internet. Für NRW lassen sich keine Zahlen nennen. Eine Anfrage der dbb jugend nrw diesbezüglich blieb aus dem NRW-Innenministerium unbeantwortet.

Erschreckender Anstieg von Angriffen bundesweit

Dennoch lässt sich ein genereller Trend ableiten, denn das Bundeskriminalamt liefert bundesweite Übersichtszahlen: Demnach sind die Straftaten gegen Amts- und Mandatsträger in den letzten vier Jahren um fast 200 Prozent gestiegen. Zum letzten Erhebungszeitpunkt im Jahr 2021 wurden 4458 Straftaten erfasst, im Jahr 2017 waren es noch 1527.

„Wir sehen dringenden Handlungsbedarf“, betont Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). Auf breiter Basis setzt sich der gewerkschaftliche Dachverband unter anderem über seine Kampagne „Gefahrenzone Öffentlicher Dienst„, wie auch die aktive Beteiligung in der Landesinitiative „Sicher im Dienst“ für Verbesserungen in Sachen Sicherheit ein. Dabei hat sie neben Übergriffen auf Amts- und Mandatsträger vor allem auch die Beschäftigten im Öffentlichen Dienst im Auge.

Auch die digitale Welt im Blick behalten

„Wir brauchen ein konsequentes strafrechtliches Vorgehen gegen solche Delikte, aber auch den Mut der Betroffenen, über ihre Dienstherren Anzeige zu erstatten und Angriffe öffentlich zu machen“, sagt Aumann. Ein Augenmerk will der gewerkschaftliche Jugenddachverband vor allem auf den Bereich der digitalen Angriffe richten. „Diese haben besonders seit Beginn der Pandemie zugenommen“, so Aumann. Es dürfe nicht dazu kommen, dass sich auch diese Zahlen in den nächsten Jahren verdoppeln und verdreifachen.

Die Menschen sind noch dünnhäutiger geworden durch COVID-19.

Boris NovakDPolG Berlin

Mehr dazu

© 2024 dbb jugend nrw