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KI gegen den Fachkräftemangel?

Gesellschaftspolitik
5. September 2024

Durch den Einsatz von KI lässt sich die Fachkräftelücke im Öffentlichen Dienst um ein Drittel reduzieren, so das Ergebnis einer Studie. Ist KI also die Lösung bei zu wenig Personal? Der Blick auf die Praxis und die Position der dbb jugend nrw dazu.

Die Situation ist alarmierend. Rund 500.000 Vollzeitkräfte fehlen im Öffentlichen Dienst. Durch die Pensionierungswelle in der Baby-Boomer-Generation werden es noch mehr. Verschiedene Bemühungen wie die, den Notstand in manchen Bereichen durch Quereinsteiger zu lindern oder Beschäftigte über das Rentenalter hinaus zu beschäftigen, stoßen an ihre Grenzen.

Nun lässt eine neue Studie aufhorchen. Laut dieser könnte der Einsatz von generativer KI den Fachkräftemangel deutlich abfedern. Der Mangel ließe sich um rund 165.000 Vollzeitstellen verkleinern, sagt die Unternehmensberatung McKinsey. Bis zu 55 Prozent der Arbeiten in Verwaltungen könne KI automatisiert erledigen, sagen die Experten.

KI kann ein Effizienzbooster sein. Dennoch kann sie die Beschäftigten niemals ganz ersetzen – gerade da, wo der persönliche Austausch und qualitative Einzelfallentscheidungen nötig sind.

Susanne AumannVorsitzende dbb jugend nrw

Das passiert zu Teilen auch schon jetzt. „Erste Kommunen setzen beispielsweise Chatbots für einfache Beratungsleistungen ein“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). Auch Routineaufgaben wie Dateneingabe und Dokumentenprüfung könnten automatisiert werden, sagt Aumann. Die Unternehmendberatung McKinsey sieht daneben in der Software-Entwicklung und beim Erstellen inhaltlicher Zusammenfassungen eine Einsatzmöglichkeit für KI-Systeme.

Erste Erfahrung mit KI-Einsatz im Öffentlichen Dienst

Erfahrungen hat man beispielsweise in Heidelberg gesammelt. Dort ist unter dem Namen „Lumi“ ein Pilotprojekt gestartet, bei dem ein Chatbot menschliche Konversation simuliert. Seit Beginn der Testphase hat die KI 4.500 Gespräche geführt und 21.000 Fragen beantwortet. In Friedrichshafen ist – so ein anderes Beispiel – ein KI-basierter Gebärdensprach-Avatar im Einsatz.

„Auch im NRW-Finanzministerium ist man offen für KI-Systeme“, sagt Aumann und verweist auf ein Posting des Staatssekretärs im Finanzministerium NRW Dr. Dirk Günnewig, in dem von Effizienzsteigerung, reduzierter Arbeitsbelastung durch die Übernahme von Routineaufgaben und schnellerer Erstellung von Bescheiden die Rede ist. „Wir prüfen Assistenzfunktionen, um unsere Beschäftigten zu entlasten und zu unterstützen“, schreibt Günnewig.

Erfolge vernimmt man auch aus dem Ausland, was den Einsatz von KI-Modellen angeht. In Großbritannien nutzt die Rentenbehörde KI zur automatisierten Überprüfung von Änderungsanträgen. Im Jahr werden so 230.000 Personalstunden sich wiederholender manueller Überprüfung eingespart, ist der McKinsey-Studie zu entnehmen.

Große Potenziale schlummern noch

Das Potenzial generativer KI sei für den Öffentlichen Dienst enorm, sagt Björn Münster, einer der Autoren der McKinsey-Studie. Sie biete das Potenzial, den Beschäftigten die Aufgabenerledigung spürbar zu erleichtern, die Handlungsfähigkeit des Staates auch für die Zukunft sicherzustellen und Verwaltungsleistungen effizienter und nutzerfreundlicher zu gestalten.

Ein KI-Einsatz halte auch für die Bürger Vorteile bereit. „Ein Chatbot steht 24/7 zur Verfügung. Niemand muss, um beispielsweise zu erfragen, welche Unterlagen für bestimmte Anträge nötig sind, Sprechzeiten abwarten. Chatbots können sogar beim Ausfüllen der Formulare rund um die Uhr helfen“, sagt Aumann.

KI kann bei Routineaufgaben entlasten

Gerade in einfachen Fragestellungen und Routineaufgaben könnten sie in Zeiten des Fachkräftemangels gut entlasten. „KI kann ein Effizienzbooster sein“, sagt die Landeschefin der dbb jugend. Dennoch sei der mögliche Einsatz nicht unbegrenzt. „KI-Technik kann die Beschäftigten niemals ganz ersetzen – gerade da, wo der persönliche Austausch und qualitative Einzelfallentscheidungen nötig sind. Die Entscheidungshoheit und Kontrolle sollten in menschlicher Hand bleiben“, mahnt Aumann. Auch brauche es klare Regelungen, was den Einsatz von KI angehe. Einen ersten Vorstoß hat die EU gerade mit dem KI-Gesetz gemacht.

Im Gesamtkontext der Digitalisierung im Öffentlichen Dienst bleibt jedoch nach Einschätzung Aumanns abzuwarten, was am Ende geht und was nicht. Zu sehr steht man unter den Eindrücken verschleppter Digitalisierungs-Bemühungen, die nicht vorankommen. „Wir warten seit vielen Jahren auf die Digitalisierung. Doch diese wird aktuell erneut ausgebremst. Vorhandene Budgets wurden nicht ausgeschöpft, die zukünftige Finanzierung steht einmal mehr zur Debatte“, sagt Nicole Schorn, erste stellvertretende Vorsitzende der dbb jugend nrw.

Diese Hürden sind zu meistern

Am Dauerprojekt Verwaltungsdigitalisierung zeige sich exemplarisch folgendes Kernproblem: „Es gibt zwar verschiedene Ideen, wie man den Fachkräftemangel lindern kann, doch für alle Ideen muss Geld in die Hand genommen werden. Die Implementierung von gezielter KI-Unterstützung könnte daran ebenso scheitern wie das Digitalisierungsvorhaben insgesamt“, sagt Schorn.

Aus Sicht der dbb jugend nrw wäre es wichtig, zentral und gut vernetzt übergreifend an Lösungen zu arbeiten, statt in Insellösungen und einzelnen Pilotprojekten zu denken. Das spare im Endeffekt auch Geld, ergänzt Schorn.

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