„Was nutzen neue Stellen, wenn man sie nicht besetzt bekommt?“
Der Unmut der Tarifbeschäftigten des Öffentlichen Dienstes über die Beharrlichkeit der Arbeitgeber ist in den letzten Wochen gewachsen und entlädt sich nun in landesweiten Streiks. Die Kommunen betonen, ihre Kassen seien klamm. Wie aber will die Arbeitgeberseite dann in Zukunft Nachwuchs gewinnen? Teresa Jedinat spricht im Interview darüber.
Essen, Mülheim oder Düsseldorf – auch in NRW gingen die Tarifbeschäftigten jüngst auf die Straße, um ihren Forderungen in der laufenden Einkommensrunde für die Beschäftigten von Bund und Kommunen mehr Nachdruck zu verleihen. Weitere Streiks sind für diese Woche angekündigt. Unter anderem in Düsseldorf, Hagen und Bonn hat die komba gewerkschaft heute zu einem 24-Stunden-Warnstreik aufgerufen. Denn die Arbeitgeberseite mauert bislang und scheint nicht wirklich abschlussinteressiert. Laut vernehmbar ist hingegen das Klagen der Kommunen. Sie halten das aus Sicht der Gewerkschaften nötige Gehaltsplus in Anbetracht klammer Haushalte für nicht leistbar.
Remscheids Bürgermeister Burkhard Mast-Weisz hat zwar Verständnis dafür, dass „die gestiegenen Kosten die Menschen mit geringen Einkommen enorm belasten“, wie er in der Wirtschaftswoche zu verstehen gibt. Doch verweist er auf den Stadthaushalt und das Loch von 600 Millionen Euro. Ein Viertel der Ausgaben gehe an die Beschäftigten. Eine Erhöhung um nur ein Prozent mache eine Summe aus, die für zehn neue Stellen reiche. Ähnlich stellt sich das Bild in anderen Kommunen dar. In Mettmann hat man die Einkommensrunde gerade mal mit zwei Prozent in den Haushalt eingepreist.
Was würdest du den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern sagen?
Teresa Jedinat: Natürlich wissen wir, dass die Kommunen durch die Krisen gebeutelt sind. Aber das ist auch die freie Wirtschaft und wir sehen, dass dennoch dort die 10-Prozent-Forderungen durchgehen. Es können doch nicht jedes Mal die Beschäftigten die Gebeutelten sein. Es ist natürlich am leichtesten, an den Beschäftigten zu sparen, weil sie – wie es beispielsweise in Remscheid der Fall ist, um ein Viertel den Haushalt belasten. Das ist ein Batzen. Aber als Fürsprecher für die Beschäftigten kann ich an dieser Stelle nur sagen: Dann müssen die Kommunen besser mit dem Bund über von dort aufgeladene Aufgaben und deren Finanzierung verhandeln. Weiteres Potenzial liegt darin, wirtschaftlicher zu arbeiten.
Wie sieht in Anbetracht dessen aus deiner Sicht eine faire Lösung aus?
Teresa Jedinat: Noch einmal: Es kann nicht sein, dass auch im Vergleich zu anderen Branchen der Öffentliche Dienst immer weiter abgehängt wird. Das wird das Nachwuchsproblem weiter forcieren. Wer will dann noch im Öffentlichen Dienst arbeiten? Alles, was unterhalb der durchschnittlichen Inflationsentwicklung liegt, ist inakzeptabel.
Auch, wenn am Ende die exemplarisch genannten zehn neuen Stellen nicht geschaffen werden können?
Teresa Jedinat: Da beißt sich die Katze in den Schwanz. Viele Behörden sind hoffnungslos überlastet und bräuchten dringend zusätzliches Personal. Aber was nutzen mir zehn neue Stellen, die ich dann nicht besetzt bekomme, weil sie zu schlecht bezahlt sind. Gerade in den unteren Gehaltsgruppen ist das ein Thema.
Streiks sind eine klare Kampfansage an die Arbeitgeber. Oder mehr?
Teresa Jedinat: Streiks sind mehr. Ich glaube, dass bei der Vielzahl an Aufgaben nach außen hin gar nicht immer klar ist, was der Öffentliche Dienst alles leistet. In Streikzeiten zeigen wir, was alles nicht mehr funktioniert, wenn dort die Menschen ihre Arbeit nicht mehr tun. Da, wo Müll entsorgt werden muss, Straßen in Ordnung gebracht werden wollen oder in Sachen Bildung. Es zeigt, wie unentbehrlich diese Arbeit ist und damit verbunden auch Menschen, die sie tun – zu angemessenem Lohn.