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Gender Pay Gap: Lohnungleichheit – auch im Öffentlichen Dienst

Gesellschaftspolitik
7. März 2023

Im Durchschnitt verdienen Frauen laut Statistischem Bundesamt hierzulande 18 Prozent weniger als Männer. Zwar ist der Gender Pay Gap im Öffentlichen Dienst geringer, doch sind es auch hier sieben Prozent weniger im Portemonnaie. Woran das liegt und welche Stellhebel Judith Butschkau sieht.

Frauen verdienen durchschnittlich brutto 20,05 Euro pro Stunde weniger als Männer. Zwar hat sich die Situation gegenüber 2006 verbessert – da lag der geschlechtsbedingte Verdienstabstand noch bei 23 Prozent – doch immer noch tut sich der Gender Pay Gap auf.

Frauen sind oft ungleich bezahlt, weil sie in geringer dotierten Jobs tätig sind oder in schlechter bezahlten Teilverhältnissen stecken. Wir brauchen darum mehr teilzeittaugliche Führungspositionen.

Judith Butschkau1. Stellv. Vorsitzende dbb jugend nrw

Grundsätzlich stehen diesbezüglich Frauen, die im Öffentlichen Dienst beschäftigt sind, besser da als in der Privatwirtschaft. Dort gibt es verglichen mit Stellen in der freien Wirtschaft zwar insgesamt niedrigere Gehälter, doch ist der Gender Pay Gap dort kleiner. Der Grund: „Im Öffentlichen Dienst gibt es durch feste Entgelttabellen grundsätzlich für beide Geschlechter gleiches Geld“, sagt Judith Butschkau, 1. stellvertretende Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). Der Gender Pay Gap ist aber auch hier existent. Sechs Prozent macht es laut der Erhebung des Statischen Bundesamtes aus. Wie kann das sein, wenn doch Männer und Frauen dort eigentlich gleich viel verdienen?

Ein Grund dafür, dass Frauen auch im Öffentlichen Dienst immer noch schlechter dastehen: Sie arbeiten häufiger in ohnehin schon geringer dotierten Jobs, wie in der Pflege oder im Erziehungssektor. „In allen Bereichen sind Frauen ungleich häufiger als Männer in schlechter bezahlten Teilzeitverhältnissen beschäftigt“, sagt Butschkau.

Männer sitzen im Karrierezug, an Frauen fährt er vorbei

Auch, wenn sie zunächst mit gleicher und vielleicht sogar besserer Qualifikation in den Job starten, komme für viele Frauen in Zeiten der Familienplanung immer noch der Karriereknick. Nach der Babypause entscheiden sich Frauen oft zugunsten der Familie für die Teilzeitarbeit. Zwar habe sich in den letzten Jahren die starre Denke bezüglich traditioneller Rollenbilder gelockert, doch ist in den meisten Familien immer noch gelebte Wirklichkeit, dass eher die Frauen die Erziehungszeiten nehmen.

Damit fährt laut Wahrnehmung Butschkaus der Karrierezug für die Männer weiter. Frauen hingegen haben in der Erziehungszeit naturgegeben nicht die Möglichkeit an Weiterqualifizierungs-Maßnahmen teilzunehmen und sich karriereorientiert weiterzuentwickeln.

„Obwohl die Rollenbilder vorsichtig aufbrechen, ist es immer noch so, dass sich Frauen zwischen Karriere oder Familien entscheiden müssen“, moniert Butschkau. Für wichtig hält sie, Frauen nach der Familienpause mit guten Förderangeboten wieder nach vorne zu bringen. In diesem Bereich müsste mehr geschehen.

Frauenanteil in Führungspositionen zu gering

Ein weiteres Manko: Frauen sind unter anderem auch durch die Karrierepause bedingt seltener in Führungspositionen zu finden. „Gerade einmal 14,3 Prozent der Chefjobs in den nordrhein-westfälischen Kommunen sind von Frauen besetzt“, sagt Butschkau. Das zeigte jüngst erst eine Studie der Universität Friedrichshafen. In Anbetracht dessen, dass der Frauenanteil insgesamt auch noch deutlich über dem der Männer liege, sei die Schieflage in Wirklichkeit noch größer, führt die stellvertretende Vorsitzende weiter aus. Eine aktuelle Übersicht des dbb zeigt, dass rund 58 Prozent aller Jobs in öffentlicher Hand von Frauen ausgeübt werden.

Ungleiche Leistungsbewertung

In Zusammenhang damit weist Butschkau auf ein Ungleichgewicht in der Leistungsbewertung hin. In der Praxis würden Männer häufig bei der Beförderung bevorzugt, während Frauen in schlechter dotierten Positionen kleben blieben. „Dass Männer dann am Ende auch eher die Führungsposition bekommen, erklärt sich bei dieser Praxis von selbst“, sagt die junge Finanzbeamtin.

Frauen hafte zudem immer der Makel an, irgendwann schwanger zu werden. „Und das unabhängig davon, ob die einzelne sich dies für ihre persönliche Lebensplanung überhaupt vorstellen kann“, sagt Butschkau.

Zwar sei seit Inkrafttreten des Führungspositionen-Gesetz eine gesetzliche Mindestbeteiligung von Frauen und Männern in Führungspositionen verbrieft, doch hänge solchen Gesetzen bei allem Unterstützungswillen nun Frauen auf Chefposten die unausgesprochene Vermutung nach, den Job nur aufgrund des Geschlechts, keinesfalls aber aufgrund besserer Qualifikation bekommen zu haben.

„Führungspositionen müssen teilzeittauglicher werden“

Butschkau hält stattdessen für wichtig, Führungspositionen so zu gestalten, dass sie auch in Teilzeit ausgeübt werden könnten. „Das ist möglich, würde Frauen mehr Möglichkeiten und den Einstieg in verantwortungsvolle Positionen ermöglichen, für die sie auch ausgebildet sind“, sagt Butschkau.

Zuletzt fordert sie mehr Unterstützung in Sachen Kinderbetreuung als Grundvoraussetzung für den Wiedereinstieg von Frauen nach der Babypause. Eltern-Kind-Räume, wie es sie in privatwirtschaftlichen Unternehmen gibt, seien in den Verwaltungen fremd. Vorstellbar seien zudem für sie auch Kooperationen mit vor allem in kommunaler Trägerschaft befindlicher KiTas, um die Last der Kinderbetreuung zu mindern.

Ein vorsichtig positiver Trend lässt sich immerhin erkennen: „Im Vergleich zu den Vorjahren ist der Gender Pay Gap um ein Prozentpunkt gesunken. Das macht Hoffnung darauf, dass man diesen Weg weiterverfolgen wird und mit geeigneten Maßnahmen eine wirkliche Gleichstellung für die Frauen erreicht“, sagt Judith Butschkau. Denn trotz des Besoldungs-, Tarif- und Gleichstellungsrechts gebe es immer noch keine Entgeltgleichheit.

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