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Cybermobbing: Immer mehr Attacken auf Jugendliche

Jugendpolitik
4. April 2023

WhatsApp, Instagram oder TikTok – schnell verbreiten sich in sozialen Netzwerken News oder Trends, aber auch Anfeindungen und Beleidigungen. Immer mehr Jugendliche werden dort Opfer von Beleidigung und Anfeindung. Mit weitreichenden Folgen.

Junge Menschen werden immer häufiger Opfer von Cybermobbing. Das ist das Ergebnis der sogenannten Sinus-Studie, die von der Krankenkasse Barmer veröffentlicht wurde. Jeder zweite Teenager kennt demnach jemanden aus seinem eigenen Umfeld, der bereits in Messengern oder sozialen Netzwerken runtergemacht worden ist. Ein Jahr zuvor lag dieser Wert noch bei 43 Prozent. In einem Video erzählt Lukas seine persönliche Geschichte vom Horror digital gemobbt zu werden.

Für die Studie wurden Ende 2022 rund 2.000 Jugendliche im Alter zwischen 14 und 17 Jahren befragt. Am häufigsten wird im Messenger-Dienst WhatsApp gemobbt. Vor allem auf der Videoplattform TikTok hat der Studie nach das Mobbing zugenommen. Mit 38 Prozent ist TikTok der dritthäufigste Ort für Cybermobbing unter jungen Menschen. Allerdings sei möglicherweise auch die Sensibilität der jungen Leute gestiegen, wodurch mehr Übergriffe als in den Jahren zuvor wahrgenommen wurden. Der Anteil von Mädchen und Jungen, die bislang von Anfeindungen im Netz verschont blieben, sank von 32 auf 28 Prozent.

Cybermobbing und Hatespeech sorgen dafür, dass Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit im Netz abnehmen.

Susanne AumannVorsitzende dbb jugend nrw

Am häufigsten werden Jugendliche laut der Befragung durch Beleidigungen gemobbt. 74 Prozent der Jugendlichen aus der Studiengruppe berichten dies. Danach folgen Mobbingformen wie das Verbreiten von Gerüchten, der Ausschluss aus Gruppen oder das ungefragte Posten peinlicher Videos. Die Studie nennt daneben sogar Stalking oder Identitätsdiebstahl.

Auch eine Studie der Techniker Krankenkasse belegt eine hohe Zahl von Cybermobbing-Fällen in Jugendkreisen. Fast jeder fünfte Jugendliche sei betroffen, so die Ergebnisse. In Summe sind demnach mehr als 1,8 Millionen Schülerinnen und Schüler betroffen. Nach Einschätzung der TK habe die Corona-Pandemie das Problem angeheizt, weil Kinder und Jugendliche in der Zeit von Kontaktbeschränkungen mehr Zeit im Netz verbracht hätten.

„Die Ergebnisse zeigen, dass Cybermobbing sich zu einem dauerhaften Problem an Schulen und im privaten Umfeld der Kinder und Jugendlichen entwickelt hat“, sagt Uwe Leest Vorsitzender vom Bündnis gegen Cybermobbing. Die Folgen würden unterschätzt, denn Täterinnen und Täter hätten keine Konsequenzen zu befürchten.

Viele Jugendliche halten aus Angst den Mund

Die Folgen, die sich aus dieser Entwicklung ergeben, sind weitreichend. „Ein Drittel der Jugendlichen traut sich aus Angst vor solchen Anfeindungen nicht mehr, ihre Meinung zu sagen“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw). Dies gehe aus der Jugendumfrage „JIMplus 2022“ hervor, für die im vergangenen Jahr mehr als 1.000 Jugendliche befragt wurden. Die schlimme Konsequenz: „Cybermobbing und Hatespeech sorgen dafür, dass Meinungsvielfalt und Meinungsfreiheit im Netz abnehmen“, sagt Aumann. Sich frei äußern zu können sei jedoch ein Grundpfeiler der Demokratie und ertrage deshalb keine Einschränkung.

Nicht zu übersehen sind zudem die gesundheitlichen Folgen. Laut Einschätzung der Krankenkassen fördere Cybermobbing psychische und körperliche Erkrankungen. Zu Kopf- und Magenschmerzen gesellen sich Angst- und Schlafstörungen, Niedergeschlagenheit oder gar Depression.

Maßnahmen gegen Hatespeech und Cybermobbing notwendig

„Das Internet darf nicht als rechtsfreier Raum wahrgenommen werden“, betont Aumann. Es sei wichtig, dass auch dort verunglimpfenden Kommentaren und Angriffen auf Menschen nachgegangen werde. Ein Schritt in diese Richtung sei das Gesetzespaket der Bundesregierung gewesen, das 2021 verabschiedet wurde. Es sieht Regeln und Strafverschärfungen in den sozialen Netzwerken und bei Cyber-Attacken vor.

Ein Ratschlag der Studienautoren an betroffene Jugendliche: Sie sollten sich nach Cyber-Mobbing-Angriffen bei Lehrerkräften, in Online-Beratungsstellen oder bei der Polizei Unterstützung holen. Derzeit ist dies in der Realität jedoch noch eher Ausnahme als Regel. Der Befragung der Krankenkasse zufolge haben 19 Prozent der jungen Betroffenen keinerlei Hilfe bei Cyber-Mobbing erhalten.

Wo man Hilfe findet

„Hilfe findet man beispielsweise bei gemeinnützigen Organisationen wie HateAid“, sagt Aumann. Dort erhalten Ratsuchende Beratung und auch rechtliche Unterstützung im Falle einer Klage. Über krisenchat.de findet man ein weiteres bundesweites Hilfsangebot, das nicht nur für Kinder und Jugendliche, sondern auch Erwachsene an allen Tagen rund um die Uhr erreichbar ist. Das Bündnis gegen Cybermobbing e.V. gibt Tipps für Opfer digitaler Runtermache, steht aber auch Eltern und Lehrern als Anlaufstelle zur Verfügung. Auch die Cybermobbing-Hilfe e.V. unterstützt Betroffene und betreibt Präventionsarbeit.

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