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Ehrenamt nur für die Ehre?

Gesellschaftspolitik
5. Dezember 2023

Rund die Hälfte der Menschen in NRW engagieren sich laut einer repräsentativen Umfrage freiwillig und unentgeltlich für die Gesellschaft. Durch ihre Arbeit werden jährlich 19 Milliarden Euro eingespart. Nur für die Ehre? Was die dbb jugend nrw in Planung hat, damit das Ehrenamt mehr wert wird.

Die Finanzverwaltung erweitert den Service für Ehrenamtliche: Per Erlass hat NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk die Finanzämter beauftragt, dort noch in diesem Jahr jeweils für feste Ansprechpersonen zu sorgen, die Vereinen bei steuerlichen Fragen weiterhelfen. Das gab das Ministerium in der vergangenen Woche bekannt. „Das sind gute Nachrichten zum Tag des Ehrenamtes“, sagt Susanne Aumann, Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend NRW (dbb jugend nrw).

Mit dieser Umsetzung kommt das Finanzministerium dem politischen Beschluss nach, den der Landtag NRW bereits im August gefasst hatte, um das Ehrenamt zu stärken. Dieser beinhaltet auch den Auftrag an die Landesregierung, sich für die steuerliche Anerkennung unentgeltlich ehrenamtlicher Personen einzusetzen sowie die Freibeträge und Pauschalen im Ehrenamtsbereich inflationsgerecht anzuheben.

Auch gewerkschaftliche Aufwandsentschädigungen sollten steuerfrei sein, mindestens in Höhe der Übungsleiterpauschale

Susanne AumannVorsitzende dbb jugend nrw

Bereits zum Januar 2021 waren die Steuerfreibeträge für ehrenamtlich Tätige angehoben worden. „Wir halten diese Entscheidung für eine geeignete Maßnahme zur Stärkung des Ehrenamtes“, betont Aumann in diesem Zusammenhang. Allerdings werden gewerkschaftlich tätige Ehrenamtliche anderen Ehrenamtlichen gegenüber nicht gleichgestellt. Zwar sind die Aufwandsentschädigungen aller freiwillig Tätigen bis zu einer Höhe von derzeit 3.000 Euro steuerfrei. Ehrenamtliche Gewerkschafter sind von dieser Steuerbefreiung allerdings explizit ausgenommen.

„Das kann nicht sein, schließlich opfern auch gewerkschaftlich Engagierte neben ihrer beruflichen Tätigkeit einen Großteil ihrer Freizeit und oft zudem Urlaubstage und Überstunden für das Ehrenamt“, betont Aumann. Auch Ehrenamtliche, die in der Gewerkschaftsarbeit aktiv sind, verdienen diese finanzielle Anerkennung. „Wir wünschen uns unter anderem in diesem Punkt eine Nachbesserung. „Auch gewerkschaftliche Aufwandsentschädigungen sollten steuerfrei sein, mindestens in Höhe der Übungsleiterpauschale“, sagt Aumann.

„Wir wünschen uns weitere inhaltliche Gespräche“

Dies fordert der gewerkschaftliche Jugenddachverband auch in seinem Positionspapier, das er bei seiner Augustaktion vor dem Landtag NRW zahlreichen Fraktionsvorsitzenden sowie dem Landtagspräsidenten André Kuper übergab. „Wir wollen dieses Thema unbedingt nach vorne bringen und planen darum im nächsten Jahr weitere inhaltliche Gespräche mit den Landtagsfraktionen“, kündigt Aumann an.

Ein weiteres Thema ist die Etablierung eines gesetzlichen Anspruchs auf Sonderurlaub für Ehrenamtliche. Die Gewährung von Sonderurlaub sollte nicht im Ermessen des Dienstherrn liegen, um so unter anderem sicherzustellen, dass Menschen durch die zeitlich starke ehrenamtliche Beanspruchung Nachteile in beruflicher Hinsicht erleiden. Ehrenamtliche leisten nach Auffassung Aumanns einen wichtigen Beitrag für das Gemeinwohl. Darum sollten sie in angemessener Weise durch einen Rechtsanspruch unterstützt werden. Eine rechtlich verbindliche Regelung würde zudem die gerechte Verteilung von Sonderurlaub unter den Mitarbeitenden gewährleisten.

„Ein Scheinwerfer am Tag des Ehrenamtes bringt uns nicht weiter“

„Wir freuen uns auf einen weiteren politischen Austausch über Maßnahmen, die es Ehrenamtlichen leichter machen, im Dienst für die Gesellschaft ihr unentgeltliches und freiwilliges Engagement besser mit Familie, Job und Freizeit unter einen Hut zu bringen“, sagt Aumann. Ehrenamtliches Engagement sei der Motor der dbb jugend nrw. Darum sei es wichtig, nicht nur am Tag des Ehrenamtes den Scheinwerfer auf die Menschen zu richten, die den Verband ausmachen. Auch darüber hinaus müssen die notwendigen Bedingungen dafür geschaffen werden, dass ehrenamtlich Tätige ihre Arbeit gut verrichten können.

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