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Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen

Gesellschaftspolitik
25. August 2023

Es ist ein ungewöhnliches Bild an diesem Donnerstag vor dem Düsseldorfer Landtag, das die Blicke vieler Passanten auf sich zieht: Jacken liegen auf der Wiese – von Verkehrskadetten, Feuerwehr und THW, von Malteser, Rotem Kreuz und aus der Sport- und Gewerkschaftswelt. Sie alle stehen für die vielen Menschen, die im Ehrenamt tätig sind. Doch alle Jacken sind leer. Und auch ein umgestürztes Kartenhaus liegt daneben. Das nämlich passiert mit der Gesellschaft, so die Botschaft der dbb jugend nrw, wenn das Ehrenamt nicht die Anerkennung erhält, die es verdient. Doch nicht nur Passanten werden aufmerksam: Auch viele Politiker/innen kommen vorbei.

Unzählige Menschen in diesem Land engagieren sich im Ehrenamt. Sie tun dies aus eigenem Antrieb und unentgeltlich: um anderen zu helfen, gemeinnützige Arbeit zu unterstützen und etwas für die Gemeinschaft zu tun. Ohne sie und ihren Dienst würde die Gesellschaft nicht funktionieren – sie würde zusammenfallen wie ein Kartenhaus. Ehrenamtliche sind unverzichtbar – weil sie sich um diejenigen kümmern, die hilfsbedürftig sind, die keine große Lobby haben, die auf Unterstützung anderer angewiesen sind und die in der öffentlichen Daseinsvorsorge des Staates durchs Raster fallen. Die Vorsitzende der Deutschen Beamtenbund-Jugend Nordrhein-Westfalen (dbb jugend nrw) – selber im Ehrenamt tätig – bringt es auf den Punkt: „Ohne Ehrenamt ist kein Staat zu machen.“

Ehrenamt ist eine zentrale Säule unsere Demokratie, es ist unverzichtbar. Ohne all die ehrenamtlich Tätigen bräche unsere Gesellschaft wie ein Kartenhaus zusammen

Susanne AumannVorsitzende dbb jugend nrw

Doch erfahren ehrenamtlich Tätige auch immer die Unterstützung und Anerkennung, die sie verdient haben? Der gewerkschaftliche Jugenddachverband hat hier so seine Zweifel. Denn junge Menschen für ein Ehrenamt zu gewinnen, fällt zunehmend schwer. Die dbb jugend nrw warnt: Abnehmendes ehrenamtliches Engagement kann sich der Staat nicht leisten – und die Gesellschaft ebenso wenig. „Was wir brauchen ist eine spürbare Stärkung ehrenamtlicher Arbeit: finanzielle Entlastung, Anerkennung von Kompetenzen und Wertschätzung durch gesicherten Freiraum“, macht Aumann deutlich.

Auch Gewerkschaftsarbeit wird im Ehrenamt geleistet

Auch die Situation der Ehrenamtler in der Gewerkschaftsarbeit hat die dbb jugend nrw mit Sorge im Blick. Die Arbeit im dbb und seinen Mitgliedsgewerkschaften liegt zum allergrößten Teil auf ehrenamtlichen Schultern. Und während Aufwandsentschädigungen im Rahmen einer nebenberuflichen Tätigkeit bis zu einer Höhe von 3.000 Euro steuerfrei bleiben können, gilt dies explizit nicht für Aufwandsentschädigungen, die für ehrenamtliche gewerkschaftliche Tätigkeit gezahlt werden. Warum eigentlich? Hier ist aus Sicht der dbb jugend nrw dringend eine Anpassung der Steuerbefreiungsvorschrift erforderlich. Und warum werden Kompetenzen aus ehrenamtlichen Funktionen bei Stellenprofilen und in den Erfahrungsstufen im Öffentlichen Dienst so selten anerkannt? Warum ist Sonderurlaub für ehrenamtliche Zwecke für öffentliche Arbeitgeber eine Kann-Vorschrift und keine Ist-Vorschrift? Die Liste ist lang – zusammengefasst hat die dbb jugend nrw ihre Forderungen in einem Positionspapier.

Mit ihrem Einsatz stärken die Ehrenamtlichen unsere Gemeinschaft und unsere Demokratie. Deshalb unterstütze ich auch gerne das Engagement der dbb jugend für das Ehrenamt

André KuperLandtagspräsident

Damit ihr Anliegen auch bei Politik und Regierung Gehör findet, organisierte die dbb jugend nrw am 24. August eine Mahnwache vor dem nordrhein-westfälischen Landtag, um die Wichtigkeit ihres Anliegens zu unterstreichen. Und die Botschaft kam an: Politikerinnen und Politiker von Grünen, SPD, CDU und FDP erschienen zahlreich, um mit den jungen Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern ins Gespräch zu kommen. Zu ihnen gehörten die Fraktionsvorsitzenden Verena Schäffer (Grüne), Thorsten Schick (CDU) und Jochen Ott (SPD) sowie der Stellv. Fraktionsvorsitzende Ralf Witzel (FDP). Wie wichtig ihnen das Anliegen der dbb jugend nrw ist, machten auch der Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk sowie der Präsident des Landtags André Kuper durch ihr persönliches Erscheinen deutlich.

Bei Worten darf es nicht bleiben

Die dbb jugend nrw freut sich, mit ihrer Mahnwache zum Thema Ehrenamt, das den Verband seit Jahresbeginn als Leitthema für 2023 begleitet, so viel Gehör gefunden zu haben. Mit ihren Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartnern werden die jungen Gewerkschafter/innen weiter im Gespräch bleiben. Doch das Thema ist zu wichtig, als dass es bei Worten bleiben darf: „Wir appellieren an Politik und Regierung, den Worten nun auch Taten folgen zu lassen!“, mahnt Aumann.

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